Hochwasserschutz Ostrach
Ein großer Schritt für den Hochwasserschutz in Sonthofen ist geschafft
Aktuelles - Stand Oktober 2020
Video - Slideshow - Ostrach
Projekt-Info
Bemessungsabfluss HQ100+Klimazuschlag: 286 m3/s bis zur Starzlachmündung (etwa OT Binswangen bis Erzflöße)
Bemessungsabfluss HQ100+Klimazuschlag: 338 m3/s ab der Starzlachmündung (etwa OT Erzflöße bis Ostrachmündung)
Bauzeit: Oktober 2011 bis Juli 2020
Baukosten: ca. 25 Mio. €
Genehmigungsplanung: Wasserwirtschaftsamt Kempten
Planung: Planungsgemeinschaft Hochwasserschutz Ostrach,
bestehend aus den Ingenieurbüros
Regierungsbaumeister Schlegel GmbH & Co. KG,
Schneider & Theisen GmbH Ingenieurbüro für Bauwesen,
Arnold Consult AG und aquasoli Ingenieurbüro
Geotechnische Beratung: Dr. Ebel & Co. Ingenieurgesellschaft für Geotechnik und Wasserwirtschaft mbH
Beweissicherung Gebäude: Ingenieur- und Sachverständigenbüro für Bauwesen Dipl.-Ing. (FH) Peter Ungethüm GmbH
Prüfingenieur: LGA Landesgewerbeanstalt Bayern und Dipl.-Ing. Norbert Nieder
Sicherheits- und Gesundheitsschutz: Monika und Armin Socher SigeKo GbR
Bauausführung: Hubert Schmid Bauunternehmen GmbH
Geiger Hoch- und Tiefbau GmbH & Co. KG
Dobler GmbH & Co. KG
Brutscher GmbH & Co. KG
IBS Technics GmbH
Siegfried Kiffer GmbH
Flussmeisterstelle Sonthofen
Lage (BA = Bauabschnitt):
Hochwasserschutz für Sonthofen und Burgberg, Ausbau der Ostrach
Nach mehr als acht Jahren Bauzeit ist der Hochwasserschutz entlang der Ostrach für die Gemeinde Burgberg und die Stadt Sonthofen auf einer Länge von rund 4,3 km – angefangen von der Mündung in die Iller, wo der Baustart 2011 erfolgte, bis zum Eintritt der Ostrach in das bebaute Gebiet im Sonthofener Stadtteil Binswangen als Bauende - gewährleistet. Der Hochwasserschutz ist nach den letzten Arbeiten im Juli 2020 voll funktionsfähig. Somit werden etwa 4.500 Bewohner und Gewerbegebiete von Sonthofen und Burgberg wesentlich besser vor Hochwasser der Ostrach geschützt.
Die Hochwasserereignisse in den Jahren 1999 und 2005 hatten die Hochwassergefahr an der Ostrach, dem größten Wildbach im Allgäu, deutlich aufgezeigt. Die Abflussspitzen beider Hochwasserereignisse führten an der Mündung in die Iller um die 300 m3/s. Aufgrund der Wildbachcharakteristik steigt der Pegel der Ostrach bei Regenereignissen sprunghaft an und birgt aufgrund der großen Geschiebe- und Schwemmholzfracht zusätzliche Gefahren durch Anlandungen in der Gewässersohle und Verklausungen unter Brücken. Dafür verantwortlich ist ihr subalpines Einzugsgebiet mit über 150 km2 Fläche.
Gerade im Bereich der besiedelten Flächen sind während der damaligen Hochwasserereignisse Deiche aufgrund von Überströmungen gebrochen, was erhebliche Überflutungen und Schäden verursachte. Deren Schutzstandard wies erhebliche Defizite auf. Beispielsweise entsprachen die Deichgeometrie sowie die Standsicherheit nicht mehr den heutigen technischen Anforderungen. Die Befahrbarkeit und Zugänglichkeit der Deiche zur Verteidigung war in Teilstrecken unzureichend oder gar nicht gegeben.
Eine Fußgängerbrücke im Mündungsbereich zur Iller wurde 1999 vollkommen zerstört.
Schädliche Rückstauerscheinungen an den das Stadtgebiet durchziehenden Mühlkanälen führten ebenfalls zu massiven Schäden an der Bebauung.
Aufgrund dieser Ausgangssituation begann das Wasserwirtschaftsamt Kempten ab dem Jahr 2005 die Planung der Maßnahmen zum Hochwasserschutz über eine Ausbaustrecke von rund 4,3 km. Die Planungsleistungen, von umfangreichen Voruntersuchungen bis hin zur Genehmigungsplanung, wurden überwiegend durch die Neubauabteilung am Wasserwirtschaftsamt Kempten ausgeführt. Im Jahr 2010 wurde für die Planung der wasserrechtliche Planfeststellungsbeschluss und damit die Baugenehmigung erteilt. Im Anschluss daran wurden im Wesentlichen Planungsaufträge an eine Ingenieurgemeinschaft, die sich für dieses Projekt aus mehreren Ingenieurbüros zusammengeschlossen hat, vergeben.
Der Bau des Mammutprojekts konnte dann im Jahr 2011 starten und wurde ohne größere Verzögerungen in mehreren Bauabschnitten Zug für Zug umgesetzt. Die einzelnen Bauabschnitte wurden in separaten europaweiten Vergabeverfahren ausgeschrieben und an Baufirmen vergeben. Auch wurden umfangreiche Gewässerausbauarbeiten durch die Flussmeisterstelle Sonthofen selbst durchgeführt.
Ziel der Maßnahme war es, einen einheitlichen Hochwasserschutz nach Stand der Technik an allen Deichabschnitten und Kreuzungsbauwerken herzustellen. Neben dem technischen Hochwasserschutz wurde die Ostrach in der gesamten Baustrecke ökologisch durchgängig ausgebaut und aufgewertet.
Für die gewählte Lösung zum Ausbau des Gewässers und der Hochwasserschutzbauwerke wurden entlang der Ostrach unterschiedliche Maßnahmen durchgeführt. Das Gewässerbett wurde, soweit es die bestehenden örtlichen Nutzungsverhältnisse zuließen, auf einer Länge von rund 2 km aufgeweitet, sprich verbreitert. Aufgrund der oftmals sehr dichten und nahen Bebauung entlang des Wildbachs, gab es dafür nur einen sehr begrenzten Entwicklungskorridor.
Zahlreiche Querbauwerke wurden abgesenkt und die Gewässersohle über eine Strecke von etwa 3 km eingetieft, um den notwendigen Abflussquerschnitt für den Bemessungsabfluss zu erreichen. Dort, wo es aufgrund des Abstands der angrenzenden Bebauung zum Gewässer noch möglich war, wurden Deiche rückverlegt um Retentionsraum zu schaffen.
Die gesamten vorhandenen Deichstrecken wurden saniert. Dazu wurde der bestehende Bewuchs entfernt, die Deichkörper entweder neu aufgebaut oder verbreitert und anschließend über einen großen Bereich mit Innendichtungen als Erosionsschutz ertüchtigt. Die Deiche wurden dadurch auch zugänglich. Die Deichkronen sind nun mit befahrbaren Wegen zur Unterhaltung und Deichverteidigung ausgestattet. Die Stadt Sonthofen will die Wege als Fuß- und Fahrradwege widmen und hat dafür die Wegeunterhaltung übernommen. Zusätzlich wurden auf rund 1,5 km neue Deiche errichtet. Dort, wo unter Beachtung der angrenzenden Bebauung aus Platzgründen keine Deiche möglich waren, wurden Hochwassersschutzmauern errichtet oder angepasst. Sie wurden in Stahlbeton- oder in Metallbauweise hergestellt. Bei direkt angrenzender Wohnbebauung wurden Glaselemente integriert, um für die Bewohner die Verschattung zu reduzieren.
Die Ufer wurden zusätzlich mit Wasserbausteinen gesichert.
An zwei Einleitungen von im Stadtgebiet Sonthofens verlaufenden Mühlkanälen wurden Schöpfwerke mit Absperreinrichtungen gebaut. Dadurch wird der Rückstaugefahr bei Extremhochwasser begegnet. Ohne einen Verschluss würde der hohe Wasserstand der Ostrach auch zu einem höheren Wasserstand in den Kanälen und deshalb zu Ausuferungen in das Stadtgebiet führen. Bei Hochwasser pumpen die Schöpfwerke das aus dem Stadtgebiet abfließende Wasser in die Ostrach. Die Stadt Sonthofen hat nach der Fertigstellung beide Schöpfwerke für den Betrieb übernommen.
Das Kraftwerk am Drothwehr wurde im Zuge der Maßnahme angepasst. Dazu wurden dortige Ufermauern um das notwendige Maß angehoben, sodass der Bemessungswasserabfluss mit Sicherheitszuschlag auch hier gefahrlos abgeleitet werden kann.
An der Kanalausleitung im Ortsteil Binswangen wurde das alte Teilungsbauwerk durch ein Verschlussbauwerk ersetzt. Im Normalbetrieb dient es auch heute wieder als Teilungsbauwerk, bei einem Hochwasserereignis ermöglicht es nun aber auch den Zulauf in das Siedlungsgebiet zu regulieren. Der Zustrom zu einem nachgelagerten Schöpfwerk muss bei ansteigenden Abflüssen vollständig absperrt werden.
An mehreren bestehenden Brückenbauwerken wurde der Abflussquerschnitt unter Beachtung des erforderlichen Freibords im Zuge der Bauarbeiten hergestellt.
Eine Fußgängerbrücke an der Mündung zur Iller wurde um ungefähr 300 m versetzt.
Zwei weitere Brückenbauwerke wurden in ihrer Gründung durch aufwändige Unterfangungen ertüchtigt, um durch Sohleintiefungen das Abflussvermögen unter den Bauwerken zu verbessern.
Aufgrund der Gewässeraufweitung und -eintiefung von ein bis zwei Metern über weite Strecken mussten etwa 30 Spartenquerungen (Strom-, Gas-, Wasser- und Medienleitungen) an die neue Höhenlage angepasst werden.
An der Theodor-Heuss-Brücke waren Anpassungsarbeiten aufgrund zu geringer Bauwerksdimensionen nicht möglich. Um den notwendigen Abflussquerschnitt herzustellen, musste sie deshalb abgerissen und mit einer rund einen Meter höheren Brückenunterkante als Einfeldbrücke neu errichtet werden. Dabei musste die bestehende Straßenanbindung an die neue Höhenlage durch Anrampungen angepasst werden. Die Versorgungsleitungen wurden während der Bauzeit durch eine Behelfsbrücke über die Ostrach geführt.
Der den Baumaßnahmen zugrundeliegende Bemessungswasserabfluss eines 100-jährlichen Hochwasserereignisses der Ostrach, also eines statistisch gesehen alle 100 Jahre auftretenden Hochwasserabflusses, beträgt nun inklusive eines 15-prozentigen Klimaanpassungsfaktors sowie unter Berücksichtigung weiterer Gewässereinleitungen an der Mündung in die Iller 338 m3/s.
Neben dem technischen, harten Ausbau zum Hochwasserschutz wurden sämtliche Querbauwerke, bislang Absturzbauwerke, durch ökologisch durchgängige Sohlrampen ersetzt. Des Weiteren wurden durch den Einbau von Buhnen und Störsteinen die Strömungsverhältnisse der Ostrach positiv beeinflusst. Es bilden sich dadurch mäandrierende Gewässerstrukturen mit unterschiedlichen Fließtiefen und -geschwindigkeiten aus.
Zudem wurden neben Hochwasserschutz und ökologischer Bedeutung des Gewässers weitere Aspekte berücksichtigt, wie die Schaffung von Zugänglichkeiten für die Bevölkerung an den Wildbach.
Der in den Planungen des Wasserwirtschaftsamtes geschätzte Kostenrahmen für den gesamten Gewässerausbau von rund 25 Mio. € konnte erfreulicherweise eingehalten werden.
Neben dem Freistaat Bayern haben sich die Stadt Sonthofen, die Gemeinde Burgberg sowie der Landkreis Oberallgäu an den Ausbaukosten beteiligt. Zusätzlich wurde ein Teil der Maßnahme von der Europäischen Union kofinanziert.
Bereits während der Planung wurde das Wasserwirtschaftsamt unter anderem durch den erforderlichen Grunderwerb entlang der Ostrach von der Stadt Sonthofen sowie von der Gemeinde Burgberg tatkräftig unterstützt.
Uns ist es wichtig, an dieser Stelle Danke zu sagen - und zwar allen, die an der Verwirklichung des Hochwasserschutzprojekts beteiligt waren!
Allen, die das Projekt unterstützt haben, die es vorangetrieben und umgesetzt haben, die von den Bauarbeiten direkt oder indirekt betroffen waren: "Vielen herzlichen Dank!"

































































