Hochwasserschutz für das Günztal

Schutzkonzept

Das Projektziel beim "Hochwasserschutz für das Günztal" besteht darin, für die Günztal-Gemeinden von Ottobeuren und Markt Rettenbach im Süden bis Deisenhausen im Norden einen Hochwasserschutz vor einem 100-jährlichen Hochwasserereignis zuzüglich eines 15%igen Klimaänderungszuschlags zu erreichen.

Hochwasser sind Naturereignisse, die sich nicht verhindern lassen. Um dadurch entstehende Schäden zu verhindern oder wenigstens zu minimieren, packt der Freistaat Bayern im Rahmen des staatlichen Programms "PRO Gewässer 2030" eine Vielzahl von Hochwasserschutz-Vorhaben an. Neben dem Handlungsfeld "Hochwasserschutz" gilt das Augenmerk darüber hinaus auch den Handlungsfeldern "Nachsorge", "Vermeidung" und "Vorsorge". Denn Hochwasserschutz ist nur bis zu einem bestimmten Grad erreichbar, ein Restrisiko für ein noch größeres Hochwasser bleibt bestehen.

Für das Einzugsgebiet der Günz wurde überprüft, welchen Beitrag die Verbesserung des natürlichen Rückhaltes bei der Lösung des Hochwasserproblems leisten kann. Hierbei zeigte sich, dass bei dem geringen Siedlungsanteil und dem weitgehenden Fehlen von gewässerbegleitenden Hochwasserschutzdeichen als effektive Schutzmaßnahme nur der Rückhalt und die Pufferung des Hochwasserabflusses in Speicherräumen zum Erfolg führen kann. Eine Machbarkeitsuntersuchung von vielen kleinen Hochwasserrückhaltebecken über das ganze Einzugsgebiet der Günz verteilt zeigte, dass solche Maßnahmen im großen Gesamteinzugsgebiet "nur" für Hochwasserereignisse bis zu einem 20-jährlichen Ereignis wirksam sind. Für den hier angestrebten 100-jährlichen Hochwasserschutz sind diese Kleinstbecken nur bedingt bis gar nicht wirksam, da die Speicherräume der vielen kleinen Hochwasserrückhaltebecken bei großen Hochwasserereignissen bereits vor Durchfluss des Hochwasserscheitels gefüllt sind.

Im Rahmen dieser Machbarkeitsstudie von 2010 stellte sich heraus, dass das Projektziel nur mit einem überörtlich wirkenden Hochwasserrückhalt verbunden mit innerörtlichen Gewässerausbaumaßnahmen realisierbar ist. In Summe ist ein Gesamtrückhaltevolumen von rund 8 Mio. m3 verteilt auf 5 große Hochwasserrückhaltebecken erforderlich.

Vergleich der Überschwemmungsflächen an der Westlichen Günz bei Ottobeuren vor (blaue Flächen) und nach Umsetzung (pinke Flächen) der Hochwasserschutz-Maßnahmen im Hochwasserschutz Günztal. Bild vergrössern Vergleich der Überschwemmungsflächen an der Westlichen Günz bei Ottobeuren vor (blaue Flächen) und nach Umsetzung (pinke Flächen) der Hochwasserschutz-Maßnahmen im Hochwasserschutz Günztal.

Die fünf Hochwasserrückhaltebecken bestehen im Wesentlichen aus geschütteten Erddämmen mit einer Höhe von 6 – 10 m, welche das Tal bei Hochwasser gewissermaßen abriegeln. Das in den Damm eingebaute Betonbauwerk (so genanntes Durchlass- bzw. Drosselbauwerk) enthält den Grundablass sowie den Betriebsauslass in Form einer Ökoschlucht, um eine ökologische Durchgängigkeit für Gewässerlebewesen und Amphibien zu gewährleisten. Im Hochwasser- bzw. Einstauereignis erfolgt die Drosselung des Abflusses aus den Hochwasserrückhaltebecken durch ein Verschließen der Auslassöffnungen mit elektrisch gesteuerten Schiebern.

Um bei extremen Hochwasserereignissen ein Überströmen der Dämme zu verhindern, sind alle fünf Hochwasserrückhaltebecken mit einer so genannten Hochwasserentlastung ausgestattet. Die Hochwasserentlastung funktioniert ohne Strom durch mechanische Klappenwehren. Eine schematische Darstellung kann den folgenden Abbildungen entnommen werden.

Drosselbauwerk der Hochwasserrückhaltebecken (hier: HRB Eldern) aus der Vogelperspektive. Bild vergrössern Drosselbauwerk der Hochwasserrückhaltebecken (hier: HRB Eldern) aus der Vogelperspektive.

Ökologisches Konzept

Neben dem Ziel die Günz-Anrainer vor Hochwasser zu schützen, sollen auch Flora und Fauna entlang der Günz und ihrer Oberläufe profitieren: Ziel dabei ist, einen guten ökologischen Zustand des Gewässers nach EU-Wasserrahmenrichtlinie zu erreichen und zu erhalten.

Dazu wird in Abschnitten die Durchgängigkeit des Gewässers für Gewässerlebewesen wieder hergestellt, die eigendynamische Gewässerentwicklung wieder ermöglicht, die Gewässerstruktur verbessert und die Vernetzung mit der Aue wieder hergestellt. Für diese Vernetzung sind sowohl bauliche Maßnahmen als auch Pflege- und Unterhaltungsmaßnahmen an der Günz erforderlich. Vor allem ist dafür die Bereitstellung von Flächen durch entsprechenden Grunderwerb notwendig. Dieser erfolgt grundsätzlich auf freiwilliger Basis.

Ein weiteres Hauptanliegen des ökologischen Gewässerausbaus ist der Erhalt sowie die Wiederherstellung von Überflutungsdynamik. Durch den Rückhalt der Hochwasserwellen in den fünf geplanten Hochwasserrückhaltebecken werden neben den Siedlungsgebieten auch unbebaute Flächen vor Hochwasser geschützt. Eine natürliche Auendynamik wird dadurch an einigen Stellen reduziert. Dieser Verlust an Überflutungsdynamik soll teilweise wieder ausgeglichen werden, indem ehemalige Überflutungsflächen wieder reaktiviert werden und durch häufige kleinere Überflutungen ihre natürliche Dynamik wieder zurückgewinnen.