Hochwasserschutz Günztal
Projekt-Information
- Gewässer: Günz, Gewässer I. Ordnung
- Baumaßnahmen: 5 Hochwasserrückhaltebecken (HRB) mit einem Gesamtrückhaltevolumen von ca. 8,15 Mio. m3, ergänzender innerörtlicher Ausbau in mehreren Gemeinden sowie begleitender ökologischer Gewässerausbau zur Revitalisierung einzelner Gewässerabschnitte
- Zeitraum für den Bau der fünf Hochwasserrückhaltebecken: 2014 bis voraussichtlich 2030
- Gesamtkosten: ca. 75 Mio. € für die 5 HRB, davon Förderung durch die Bundesrepublik Deutschland über das Programm NHWSP: 60%, Kostenbeteiligung der nutzenziehenden Gemeinden: zwischen 14% und 19% je HRB
- Kofinanzierung: Mit Mitteln aus dem Sonderrahmenplan "Maßnahmen des präventiven Hochwasserschutzes" der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK) zur Umsetzung des Nationalen Hochwasserschutzprogramms (NHWSP)
Hintergrundinformationen
Ausgangslage
Die Günz bildet einschließlich ihrer Zuflüsse das längste Bachsystem Bayerns. Sie wird gespeist aus den beiden Hauptzuflüssen, der Westlichen Günz sowie der Östlichen Günz und der Schwelk.
Die Westliche Günz entspringt bei Untrasried im Landkreis Ostallgäu, die Östliche Günz hat ihre Quelle bei Günzach, ebenfalls im Landkreis Ostallgäu. In der Nähe von Lauben, im Landkreis Unterallgäu vereinigen sich die beiden Arme zur Günz. Die Schwelk mündet bereits in Westerheim in die Westliche Günz. Im weiteren Verlauf durchfließt die Günz neben dem Landkreis Unterallgäu auch den Landkreis Günzburg, bevor sie bei Günzburg in die Donau mündet. In Summe legt die Günz von ihren Quellen bis zur Mündung in die Donau eine Fließstrecke von ca. 120 km zurück und überwindet dabei einen Höhenunterschied von ca. 360 Höhenmetern. Ihr Einzugsgebiet umfasst ca. 714 km2.
Die Gemeinden in diesem Einzugsgebiet waren bislang zu großen Teilen nur vor einem Hochwasser geschützt, welches im Schnitt alle fünf Jahre erreicht oder überschritten wird. Grundsätzlich sollen die Bürgerinnen und Bürger Bayerns vor einem einhundertjährlichen Hochwasser (HQ100) zuzüglich eines 15%igen Klimaänderungszuschlags zu bewahren.
Startschuss für das Vorhaben "Hochwasserschutz für das Günztal" war das erfolgreiche Raumordnungsverfahren im Jahr 2010. Im Jahr 2014 gründete sich der Zweckverband "HWS Günztal" aus den sieben Gemeinden, die am meisten vom Hochwasserschutz (HWS) profitieren werden, sowie dem Landkreis Unterallgäu. Seither werden in verschiedenen Bauabschnitten fünf Hochwasserrückhaltebecken bis zum Jahr 2030 realisiert. Parallel dazu sowie im Anschluss werden mehrere innerörtliche Hochwasserschutzmaßnahmen umgesetzt werden.
Ökologisches Konzept
Neben dem Ziel die Günz-Anrainer vor Hochwasser zu schützen, sollen auch Flora und Fauna entlang der Günz und ihrer Oberläufe profitieren. Ziel dabei ist es, einen guten ökologischen Zustand des Gewässers nach EU-Wasserrahmenrichtlinie zu erreichen und zu erhalten.
Dazu wird in Abschnitten die Durchgängigkeit des Gewässers für Gewässerlebewesen wieder hergestellt und die eigendynamische Gewässerentwicklung wieder ermöglicht. Außerdem wird die Gewässerstruktur verbessert und die Vernetzung mit der Aue wiederhergestellt. Für diese Vernetzung sind sowohl bauliche Maßnahmen als auch Pflege- und Unterhaltungsmaßnahmen an der Günz erforderlich.
Ein weiteres Hauptanliegen des ökologischen Gewässerausbaus ist der Erhalt sowie die Wiederherstellung von Überflutungsdynamik. Durch den Rückhalt der Hochwasserwellen in den fünf geplanten Hochwasserrückhaltebecken werden neben den Siedlungsgebieten auch unbebaute Flächen vor Hochwasser geschützt. Eine natürliche Auendynamik wird dadurch an einigen Stellen reduziert. Dieser Verlust an Überflutungsdynamik soll teilweise wieder ausgeglichen werden, indem ehemalige Überflutungsflächen wieder reaktiviert werden und durch häufige kleinere Überflutungen ihre natürliche Dynamik wieder zurückgewinnen.
Bauabschnitte
HRB Eldern
Projekt-Infos
Bemessungsabfluss: 64,6 m3/s HQ100+Klimaänderungszuschlag
Drosselabfluss: 26,2 m3/s
Rückhaltevolumen: 1,6 Mio. m3
Staufläche: 51 ha
Maximale Dammhöhe: 11,0 m
Dammlänge: 760 m
Bauzeit: 2018 - 2020
Gesamtkosten: 16,5 Mio. €, davon 84 % Freistaat Bayern und 16 % Zweckverband HWS Günztal
Planung: Laymeyer Hydroprojekt, München
Ausführungsplanung: Dr. Koch, Kempten & Fichtner, Freiburg
Bau: Max Wild, Berkheim; Filgis, Altusried; HST Systemtechnik, Meschede
Das Hochwasserrückhaltebecken (HRB) Eldern befindet sich südlich des Marktes Ottobeuren und ist das erste Hochwasserrückhaltebecken, welches im Rahmen des Projektes "Hochwasserschutz für das Günztal" verwirklicht wurde.
Ziel des HRB Eldern ist es, schädliche Hochwasserspitzen an der Westlichen Günz abzufangen. So werden die unterliegenden Ortschaften vor einem 100-jährlichen Hochwasserereignis zuzüglich eines 15%igen Klimaänderungszuschlags geschützt. Im Ereignisfall fließt die Westliche Günz mit ihrem Hochwasserabfluss in den Stauraum des HRB. Im Verlauf eines Hochwasserereignisses steigt der Abfluss im Gewässer bis zur sogenannten Abflussspitze stetig an und sinkt im Anschluss wieder ab. Daher ist es wichtig, den richtigen Zeitpunkt zur Drosselung der Abflusswelle zu treffen.
Sobald der Zufluss am Beckenstandort Eldern eine Wassermenge von 26,2 m3/s übersteigt, schließt die Schütztafel im Betriebsauslass sukzessive, um den Abfluss aus dem Becken konstant auf 26,2 m3/s zu drosseln. Dadurch fließt dem Becken während des Hochwasserereignisses temporär mehr Wasser zu als durch die Drossel abgegeben wird. Diese Wassermenge wird zurückgehalten bzw. zwischengespeichert. Sinkt der Zufluss wieder auf unter 26,2 m3/s, wird das Becken langsam entleert, indem das Schütz nach und nach weiter öffnet. Kommt es zu extremen Hochwasserereignissen, welche die Größe des HRB übersteigen, springt die so genannte Hochwasserentlastung an, welche dafür sorgt, dass das Bauwerk nicht überströmt wird.
Das HRB Eldern umfasst einen Erddamm, ein Durchlassbauwerk mit Grundablass und Betriebsauslass zur Abflussregulierung (Drosselbauwerk) sowie ein Betriebsgebäude, in welchem die Anlagensteuerung untergebracht ist. Als weitere Maßnahme wurde die Staatsstraße St 2011 über den Hochwasserrückhaltedamm geführt. Im Zuge der Straßenbaumaßnahmen wurde der Kreuzungsbereich mit der Kreisstraße MN 31 angepasst. Des Weiteren umfassten die Baumaßnahmen die Umverlegung des Boschachbaches innerhalb des Stauraums.
Der Boschachbach, welcher in die Westliche Günz mündet, wurde umgeleitet und wird künftig bei Hochwasser ebenfalls im Hochwasserrückhaltebecken abgefangen. Eine besondere Schwierigkeit während der Planung und der baulichen Umsetzung war eine im Baufeld befindliche, stillgelegte, kommunale Mülldeponie des Marktes Ottobeuren. Nur ein kleiner Teil des Dammbauwerkes, des Durchlassbauwerkes und der Boschachbachverlegung führt über bzw. durch einen belasteten Altdeponiekörper. Um zusätzliche Kosten aufgrund der Altlast so gering wie möglich zu halten, wurden vorab der Baumaßnahme umfangreiche Untersuchungen durchgeführt. Ein Teil der Altlast musste ausgehoben und entsorgt werden bevor mit dem Bau des HRB begonnen werden konnte.
Eine weitere Schwierigkeit ergab sich aus der Situation, dass unmittelbar am südlichen Rand des Einstaubereichs des HRB eine Fischzucht liegt. Dieser Betrieb musste in Teilen umgebaut werden, um den Stauraum des HRB bestmöglich auszureizen. Diese Maßnahme wurde bereits vor Beginn der Baumaßnahme umgesetzt. Flächen innerhalb des Stauraums, welche im Hochwasserfall planmäßig eingestaut werden, können weiterhin landwirtschaftlich bewirtschaftet werden. Kommt es durch ein Hochwasser zu Schäden oder Ernteausfällen, werden Schäden auf diesen Flächen nach jedem Einstau des HRB entsprechend entschädigt.
HRB Engetried
Projekt-Infos
Bemessungsabfluss: 38,6 m3/s HQ100+Klimaänderungszuschlag
Drosselabfluss: 10 m3/s
Rückhaltevolumen: 1,5 Mio. m3
Staufläche: 43 ha
Maximale Dammhöhe: 9,0 m
Dammlänge: 550 m
Bauzeit: 2021 - 2024
Gesamtkosten: ca. 15 Mio. €, davon 81 % Freistaat Bayern und 19 % Zweckverband HWS Günztal
Planung: EDR, München
Ausführungsplanung: Dr. Koch, Kempten & Fichtner, Freiburg
Bau: Kutter, Memmingen; Assner, Landsberg am Lech; HST Systemtechnik, Meschede; Max Wild, Berkheim
Neben dem Bau des Hochwasserrückhaltebeckens, bestehend aus Erddamm und Betonbauwerk (Drosselbauwerk), gibt es bei diesem Projekt weitere Besonderheiten:
- Die Staatsstraße St2012 wurde auf einen Straßendamm angehoben und verläuft künftig in Dammmitte über das HRB Engetried.
- Der Günztal-Radweg wurde von der Staatsstraße entkoppelt und an eine attraktivere Stelle im Talraum verlegt. Zudem wurde ein ehemaliger Triebwerkskanal einer Wasserkraftanlage, die nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden konnte, rückgebaut.
- Auf dem Damm wurde an selber Stelle wie ursprünglich, nur ca. 4 m höher gelegen, die Kreuzkapelle neu errichtet.
- An der Stauwurzel wurde im Weiler Hochreute ein Privatanwesen durch einen so genannten Rücklaufdeich geschützt.
- Im Talraum südlich des Hochwasserrückhaltedamms wurde durch eine so genannte Seitenentnahme Dammbaumaterial vor Ort gewonnen. Somit konnten LKW-Transporte durch die Ortschaften reduziert werden.
HRB Frechenrieden
Projekt-Infos
Bemessungsabfluss: 18,9 m3/s HQ100+Klimaänderungszuschlag
Drosselabfluss: 2 m3/s
Rückhaltevolumen: 1,1 Mio. m3
Staufläche: 45 ha
Maximale Dammhöhe: 7,0 m
Dammlänge: 950 m
Bauzeit: 2023 - Frühjahr 2025
Gesamtkosten: ca. 14,0 Mio. €, davon 86 % Freistaat Bayern und 14 % Zweckverband HWS Günztald
Planung: Dr. Koch, Kempten & Fichtner, Freiburg
Bau: Max Wild, Berkheim; Filgis, Altusried; HST Systemtechnik, Meschede
Neben dem Bau des Hochwasserrückhaltebeckens, bestehend aus Erddamm und Betonbauwerk (Drosselbauwerk), gibt es bei diesem Projekt weitere Besonderheiten:
- Bereits vor Beginn der Baumaßnahme wurde ein Waldumbau im künftigen Einstaubereich begonnen. Hier wird ein reiner Fichtenforst nach und nach in einen einstauverträglichen Aue-Mischwald umgewandelt.
- Zwei landwirtschaftliche Stadel wurden vor Baubeginn aus dem Baufeld angehoben und mit Hilfe eines Autokrans an einen neuen Standort versetzt.
- Zur Erschließung der Baustelle wurde eine 1 km lange, temporäre Baustellenzufahrt errichtet.
HRB Sontheim
Hier finden Sie in Kürze weitere Informationen zum Bauabschnitt Sontheim
HRB Westerheim
Projekt-Infos
Bemessungsabfluss: 80 m3/s HQ100+Klimaänderungszuschlag
Drosselabfluss: 23,5 m3/s
Rückhaltevolumen: 1,8 Mio. m3
Staufläche: 69 ha
Maximale Dammhöhe: 8,0 m
Dammlänge: 950 m
Bauzeit: 2027 - 2029
Gesamtkosten: ca. 15 Mio. €, davon 86 % Freistaat Bayern und 14 % Zweckverband HWS Günztal
Planung: Ingenieurbüro Winkler und Partner, Stuttgart
Neben dem Bau des Hochwasserrückhaltebeckens, bestehend aus Erddamm und Betonbauwerk (Drosselbauwerk), gibt es bei diesem Projekt weitere Besonderheiten:
- Die Ottobeurer Straße zwischen Westerheim und Hawangen, ein Feldweg sowie der Günztalradweg werden angehoben und künftig über den Damm das HRB Westerheim geführt.
- Neben der Drosselung des Abflusses der Westlichen Günz bei Hochwasser, wird auch eine Drosselung des Langer Bachs durch das HRB Westerheim erfolgen.
- Südlich angrenzend an den Hochwasser-Rückhalteraum befindet sich das Hundsmoor, ein FFH-Gebiet und Naturschutzgebiet. Auch die Westliche Günz ist im Bereich des Projekts FFH-Gebiet. Das Hundsmoor ist zudem Teil einer der besterhaltenen Niedermoorreste der Schwäbischen Schotterplatte außerhalb des Donaurieds. Um die nördlich an das Hundsmoor angrenzenden so genannten Schlichtteile vor negativen Einwirkungen bei Hochwasser zu schützen, sollen diese mittels einer Ausdeichung vor Nährstoffeinträgen infolge eines Einstaus des HRB Westerheim geschützt werden.
HWS Babenhausen
Projekt-Infos
Bemessungsabfluss aktuell: 121 m3/s HQ100+Klimaänderungszuschlag
Bemessungsabfluss nach Fertigstellung der HRB im Oberlauf: 73 m3/s HQ100+Klimaänderungszuschlag
Max. Drosselabfluss in den Mühlkanal: 19 m3/s
Bauzeit: 2022-2023
Gesamtkosten Hochwasserschutz: 440.000 €, davon 50 % Freistaat Bayern und 50 % Markt Babenhausen
Gesamtkosten Ökologischer Ausbau Umbau Wehranlage, Errichtung Fischaufstiegsanlage, Anbindung Altarm: 1,1 Mio. €, 100 % Freistaat Bayern
Planung: Mooser Ingenieure, Kaufbeuren
Bau: Kurt Motz Baubetriebsgesellschaft, Illertissen & Flussmeisterstelle Türkheim des WWA Kempten
Das Wasserwirtschaftsamt Kempten (WWA Kempten) hat in den Jahren 2022 und 2023 erfolgreich den Hochwasserschutz sowie einen ökologischen Gewässerausbau der Günz bei Babenhausen baulich umgesetzt. Mit einer Investition von rund 440.000 € wurde der Hochwasserschutz verbessert. Parallel dazu wurde ein Altarm der Günz wieder angeschlossen und eine Fischaufstiegsanlage gebaut. So wurden wertvolle Lebensräume geschaffen und die Durchgängigkeit insbesondere für Fische wiederhergestellt.
Zur Verbesserung des Hochwasserschutzes wurde am südlichen Ortsrand von Babenhausen ein Drosselbauwerk im Zulauf des Mühlkanals errichtet. Durch dieses wird der maximale Zufluss in den Mühlbach begrenzt. Insbesondere im Bereich der Fabrikstraße sollen dadurch Überschwemmungen künftig verhindert werden. Durch die Reaktivierung des Altarms der Günz wird von nun an zusätzlich Wasser in den alten Flusslauf der Günz geleitet, was den Fischen vor allem während trockener Monate zugutekommt.
Der endgültige Schutz vor dem Zielwert der Planungen wird in Babenhausen allerdings erst erreicht werden, wenn alle fünf geplanten Hochwasserrückhaltebecken im Oberlauf der Günz in Betrieb sind. Dies wird voraussichtlich im Jahr 2030 so weit sein.
HWS Deisenhausen
Hier finden Sie in Kürze weitere Informationen zum Bauabschnitt Sontheim
Ökologischer Gewässerausbau
Beispiel: Ökologischer Gewässerausbau bei Lauben. Informationen zu den anderen ökologischen Maßnahmen an der Günz finden Sie im jeweiligen Bauabschnitt.
Das WWA Kempten dankt allen Beteiligten für die Unterstützung und das Engagement bei der Umsetzung dieses Projekts!